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Geschichte der Stolpersteine
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"Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“ sagt der Kölner Künstler Gunter Demnig, der durch das Verlegen von Stolpersteinen bekannt wurde. Er verlegt die Gedenktafeln aus Messing auf dem Gehweg vor Häusern, in denen Opfer des Nationalsozialismus lebten. Darauf eingeprägt ist der Name des Opfers sowie Geburts- und Deportationsdatum und, soweit bekannt, Ort und Zeitpunkt des Todes."
Die Entwicklung dieser Idee begann bereits 1993. 1996 wurden dann illegal in Berlin und Köln Stolpersteine verlegt. Die erste legale Verlegung von Stolpersteinen fand allerdings erst 1997 in Österreich statt und im Jahre 2000 wurde das Projekt fortgesetzt. Mittlerweile sind ca. 35000 Steine an 750 verschiedenen Orten in 10 Ländern Europas verlegt. Somit wurden die Stolpersteine zum weltweit größten dezentralen Mahnmal. Aber nicht alle sind begeistert von diesem Mahnmal.
„Damit wird das Andenken von Menschen, die Verfolgung und Entwürdigung erleben mussten, bevor sie auf schreckliche Weise ermordet wurden, nochmals entwürdigt und sprichwörtlich mit Füßen getreten“, kritisiert zum Beispiel Charlotte Knobloch, die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland. Doch Demnig hält dagegen, dass es vielmehr eine symbolische Verbeugung vor den Opfern sein solle, um die Texte zu lesen. Auch ginge es nicht darum, dass man stolpere, schließlich sind die Steine ja niveaugleich mit dem Gehweg. Man soll vielmehr mit dem Kopf und dem Herzen stolpern und dazu angeregt werden, sich Gedanken zu machen.
Dennoch ist die Verlegung der Stolpersteine in manchen Städten abgelehnt worden. So findet man zum Beispiel in Erfurt keine Stolpersteine, sondern DenkNadeln, die wie kleine Stecknadeln den Tatort markieren sollen, an dem die Nationalsozialisten ihr Unwesen trieben.
In Bamberg hingegen ist man von den Stolpersteinen überzeugt. Unter dem Motto: „Ein Zeichen setzen gegen das Vergessen“ arbeitet in Bamberg die Willy-Aron-Gesellschaft. Sie unterstützt unter anderem die Erforschung von Personen, die von den Nationalsozialisten verfolgt wurden. Ihr besonderes Engagement liegt somit auch auf dem Projekt der Stolpersteine, das es seit 2004 in Bamberg gibt. Mittlerweile wurden schon 98 Stolpersteine in Bamberg verlegt und weitere sollen folgen.
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Geschichte der Juden in Bamberg - Das Mittelalter
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Die Wurzeln jüdischen Lebens liegen bereits im 11. Jahrhundert. Seit Gründung des Fürstbistums Bamberg im Jahre 1007 sind hier Juden ansässig, die wohl als Kaufleute einreisten. Doch zur Zeit der Kreuzzüge, 1096, kam es dann in Bamberg zu ersten Judenverfolgungen und Zwangstaufen. Dennoch ist im 12. Jahrhundert eine große, reiche jüdische Gemeinde in Bamberg belegt. 1298 gab es indessen erneut Ausschreitungen gegen Juden, den sog. „Rintfleischpogrom“. Anlass waren einerseits die vielen Schulden der Christen bei Juden, andererseits der Vorwurf, Juden würden Hostienfrevel begehen. Auf Veranlassung eines gewissen Rintfleisch wurden daher in Bamberg 135 jüdische Männer, Frauen und Kinder misshandelt, erschlagen und verbrannt.
Insgesamt fielen dem Pogrom in Franken und den angrenzenden Gebieten bis zu 5000 Menschen zum Opfer. Von den durch die Pest 1348/49 ausgelösten, europaweiten Hetzen gegen Juden blieben die Bamberger Juden wohl weitgehend verschont. 1422 wurden die Juden allerdings in einen anderen Stadtteil umgesiedelt, etwas später wurde sogar die damalige Synagoge konfisziert und an deren Stelle die Marienkapelle errichtet. Die antijüdische Stimmung verstärkte sich bis 1478, denn zu diesem Zeitpunkt wurden Juden aus dem Bistum ausgewiesen. Spätestens ab 1556 lebten aber wieder Juden in Bamberg und nutzten eine neue Synagoge.
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Geschichte der Juden in Bamberg - Die frühe Neuzeit
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Nachdem sich nach der Ausweisung 1478 im 16. Jahrhundert wieder Juden in Bamberg niederließen, kam es während des Dreißigjährigen Kriegs von 1618 bis 1648 erneut zu Problemen. Viele Flüchtlinge vom Land, unter ihnen Juden, drängten in die befestigten Städte und damit auch nach Bamberg. Um geduldet zu werden, mussten Juden Sonderzahlungen leisten. Doch die Schutzverhältnisse einiger neu zugezogener Juden waren nicht geklärt, sie hatten somit kein Aufenthaltsrecht und wurden daher teils ausgewiesen.
Mitte des 17. Jahrhunderts endeten diese Ausweisungen und die Bischöfe engagierten sich für ihre schutzbefohlenen Juden, was jedoch bisweilen keine große Wirkung hatte. So kam es im Jahre 1699 wiederum zu Unruhen, denn die Stadt sah sich mit besonderen Teuerungen und Getreidenot konfrontiert. Die Schuld dafür wurde den Juden zugeschoben. Nach diversen Plünderungen konnte das Militär den Aufruhr beenden. Die Stimmung gegenüber den Juden war aber immer noch feindselig. Das kam in einzelnen Überfällen, Schikanen und antisemitischen Hetzen zum Ausdruck. Der Bamberger Bischof stellte dies jedoch 1712 unter Strafe. Nun konnte sich die jüdische Gemeinde weiterentwickeln. Sie waren „Schutzjuden“, unterstanden also dem erkauften Schutz des Bischofs oder eines Adligen, wurden aber nicht zur bürgerlichen Gemeinschaft gezählt. 1688 wurde allerdings die Anzahl der Schutzbriefe begrenzt: wo noch kein Jude lebte, sollte sich auch kein neuer ansiedeln. In Bamberg wurde die Zahl 1746 auf 60 Haushaltungen festgesetzt. Seit 1747 erhielt einen Schutzbrief zudem nur, wer über Vermögen verfügte.
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Geschichte der Juden in Bamberg - Die Moderne
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Durch die Säkularisation 1803 wurden die Juden in Bamberg direkt dem bayerischen König unterstellt, sodass für sie - abgesehen von Abgaben an die Stadt - keine Schutzgelder mehr fällig wurden. Mit der offiziellen Einbürgerung 1813 und der Festsetzung konfessionsunabhäng¬iger Gebühren 1834 war ein erster Schritt in Richtung Gleichberechtigung getan. Dennoch blieben die Juden Bürger zweiter Klasse, denn mit dem Matrikelgesetz von 1813 wurde die Zahl der jüdischen Familien bis zum Jahr 1861 in Bamberg auf 69 begrenzt. Dank dieses Edikts konnten Juden jedoch von nun an ebenso öffentliche Schulen besuchen und Ausbildungen absolvieren. Auch die gesellschaftliche Toleranz ihnen gegenüber wuchs zunehmend. Zum wirtschaftlichen Aufschwung im 19. Jahrhundert konnten die Juden einen beträchtlichen Teil beitragen. Viele jüdische Geschäftsmänner gelangten zu Wohlstand, Ärzte und Juristen genossen großes Ansehen.
Als 1914 der erste Weltkrieg ausbrach, zogen jüdische Männer mit in den Kampf und wurden dafür sogar ausgezeichnet. Trotzdem konnten die Nationalsozialisten erfolgreich die Lüge von jüdischer Drückebergerei und Feigheit verbreiten. Bereits in der Weimarer Republik verstärkte sich folglich der Antisemitismus, der in der Machtübernahme der NSDAP seinen Ausdruck fand und sich immer weiter steigerte. Juden wurden über Boykotte, Berufsverbote und Zwangs¬enteignungen aus dem Wirtschaftsleben gedrängt. Sie wurden aber nicht nur völlig entrechtet, sondern auch verfolgt, misshandelt und ermordet. Es begann mit Ermordungen von Einzelpersonen und nahm sein Ende mit großangelegten Deportationen 1941. Die Gemeinde musste sich auflösen. Von den einst circa 1000 Juden kehrten nur sehr wenige nach Bamberg zurück. Doch die Gemeinde blühte mit der Zeit wieder auf, 2005 wurde für ihre etwa 900 Mitglieder eine neue Synagoge geweiht.
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Jüdische Wirtschaft in Bamberg
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Vor dem 2. Weltkrieg waren 1,2 Prozent der Bevölkerung Bambergs jüdischer Abstammung. Davon waren 10 Prozent Ärzte und 20 Prozent Anwälte. Zudem gab es einige Geschäfte und Firmen unter jüdischer Leitung. Nach und nach mussten Juden ihre Geschäfte verkaufen – meist zu ungünstigen Preisen. Das Jahr 1938 markierte den Höhepunkt der Arisierungswelle. 19 von 42 Arisierungen wurden nach der Reichspogromnacht am 9.11.1938 durchgeführt. Am 31.1.1939 meldete das „Bamberger Tagblatt“, dass die Bamberger Wirtschaft „judenfrei“ sei.
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Dr. Selma Graf - Franz-Ludwig-Straße 15
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Selma Graf wuchs in Nürnberg auf, besuchte dort eine höhere Mädchenschule und schloss ihre Schulzeit mit dem Abitur ab. Danach studierte sie 10 Semester Medizin in verschiedenen Städten und bestand 1913 ihr Staatsexamen. Im gleichen Jahr heiratete sie Konrad Graf und konvertierte zum Katholizismus. Danach arbeitete sie in der Erlanger Frauenklinik, wo sie 1914 promoviert wurde. Sie eine der ersten Medizinstudentinnen und Ärztinnen der Erlanger Universität.
Ab Mitte 1914 praktizierte sie als Ärztin in Bamberg, bis sie schließlich im Juli 1938 aufgrund des Vorwurfs des „gefährlichen und volkszerstörenden Verbrechens der Abtreibung“ verhaftet wurde. Im Prozess, in dem sie aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln kaum Chancen hatte, wurde sie der vollendeten und versuchten gewerbsmäßigen Abtreibung schuldig gesprochen.
Sie erhielt eine Gesamtstrafe von sieben Jahren Zuchthaus und die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte. In den Jahren 1939 bis 1942 befand sich Selma Graf im Zuchthaus Aichach, von wo aus sie Anfang Dezember 1942 nach Auschwitz deportiert wurde. Dort verstarb sie laut offiziellen Angaben an Grippe.
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Sally Brandes - Hainstraße 4a
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Sally Brandes wurde am 4. Januar 1882 in Rotenburg a. d. Fulda / Hessen geboren. Er zog 1913 nach Bamberg. Von diesem Zeitpunkt an bis zum Zwangsverkauf 1938 war er Inhaber des Spezialgeschäftes für wollene und seidene Stoffe „Sally Brandes“ in Bamberg, seine Schwester Meta Brandes war Geschäftsteilhaberin. Sally Brandes war langjähriger Vorstand des Synagogenchors und von Oktober 1939 bis 1941 erster stellvertretender Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde Bamberg.
In der Folge des Novemberpogroms war er vom 10. November 1938 bis 12. Dezember desselben Jahres Häftling in Dachau. Ab Mai 1940 wurde er bis zu seinem Transport in das Vernichtungslager dem Tiefbauamt der Stadt Bamberg als Zwangsarbeiter zugewiesen. Dieses bestätigte am 25. Oktober 1940, dass der israelitische Arbeiter Sally Brandes, wohnhaft in der Hainstraße 4a, mit Grabenarbeiten am Sendelbach beschäftigt ist. Sally und seine Frau Bertha Brandes wurden am 27. November 1941 aus Bamberg in die lettische Hauptstadt Riga deportiert. Ihr letzter bekannter Aufenthaltsort war ab dem 3. Dezember 1941 das Lager Riga-Jungfernhof. Das weitere Schicksal und die Umstände ihrer Ermordung sind nicht bekannt.
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Dr. Siegmund Bauchwitz - Hainstraße 7
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Dr. Siegmund Bauchwitz wurde am 13.11.1876 in Schwiebus (Preußen) geboren. Er wuchs in einer mittelständischen Familie jüdischer Abstammung auf. Seit 1913 war er mit Alice Bauchwitz und Minna Rosenwald liiert. Nach dem Abschluss seines Medizinstudiums in München zog er nach Bamberg, wo er als Arzt praktizierte. Dort lebte er zu Beginn in der Langen Straße 35 und zuletzt in der Hainstraße 7. Während des 1. Weltkriegs arbeitete er als Bataillonsarzt und später als Stabsarzt Bei seinen Kameraden war er sehr beliebt. Aufgrund seiner Verdienste im Krieg erhielt er das „Eiserne Kreuz Erster Klasse“.
Nach ersten Boykottaufrufen 1933 gegen Dr. Bauchwitz folgte 1938 der Entzug seines Doktortitels und es war ihm nur noch die Behandlung von Juden erlaubt. Im gleichen Jahr wurde Bauchwitz im Zuge der Reichspogromnacht auf die Straße gezerrt und brutal zusammengeschlagen.
Wie alle jüdischen Männer erhielt er am 24.1.1939 den Zunamen „Israel“. Im späteren Verlauf des Jahres wurde ihm die unehrenhafte Aufgabe auferlegt, als Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde, Personen zur Deportation in das Altersghetto Theresienstadt auszuwählen. Schließlich folgte 1942 seine eigene Deportation von Nürnberg aus nach Theresienstadt. Zwei Jahre später wurde er mit anderen Juden nach Auschwitz transportiert, wo er ermordet wurde.
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Luitpoldstraße 16 - Hans Wölfel
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Hans Wölfel wurde am 30. März 1902 in Bad Hall, Österreich, geboren. Seit 1916 lebte Wölfel bei seinem Onkel, der Pfarrer in Ebing, heute Gemeinde Rattelsdorf, war. Er besuchte das Alte Gymnasium in Bamberg und machte dort 1922 Abitur. Als Student der Jurisprudenz in Würzburg schloss er sich der Katholischen Studentenverbindung Rheno- Frankonia an.
1929 ließ er sich in Bamberg als Rechtsanwalt nieder. Im selben Jahr heiratete er. Als Vorsitzender des Ortskartells der katholischen Vereine Bambergs hatte er Einfluss und genoss hohes Ansehen. In den Wahlen des Jahres 1932 trat er entschlossen für die Bayerische Volkspartei und die Weimarer Republik ein. Nach der “Machtergreifung” schwieg er. In seiner Arbeit zeigte sich jedoch seine unveränderte Gesinnung: Er verteidigte Bamberger Bürger, die wegen angeblich staatsgefährdender Vergehen vor dem Sondergericht angeklagt waren.
Im Juli 1943 äußerte sich Wölfel im Kreis von Bekannten kritisch über die politische und militärische Lage Deutschlands und sagte, Hitler sei der größte Wortverdreher aller Zeiten. Eine der Zuhörerinnen, eine junge Frau und Parteigenossin, verriet ihn. In den Verhören durch die Gestapo erklärte Wölfel, dass er bestimmten Lehren des Nationalsozialismus nicht zustimmen könne, da sie seiner christlichen Überzeugung widersprächen. Wölfel wurde in Berlin inhaftiert, vor den Volksgerichtshof gestellt und wegen Wehrkraftzersetzung zum Tode verurteilt. Am 3. Juli 1944 wurde er in Brandenburg-Görden hingerichtet.
Nicht alle, die vor dem Volksgerichtshof standen und wegen Wehrkraftzersetzung angeklagt waren, wurden zum Tode verurteilt. Die Hinrichtung Wölfels muss daher als die bewusste Beseitigung eines Mannes gedeutet werden, der die Ideologie und den Machtanspruch des Nationalsozialismus ablehnte. Die Kraft zu dieser Haltung kam aus seiner religiösen Überzeugung.
Freunde und Berufskollegen ließen im Treppenaufgang des Oberlandesgerichts Bamberg für Hans Wölfel eine Gedenktafel anbringen mit der Inschrift:
VINDEX - IURIS - PERIIT (Ein Beschützer des Rechts ist umgekommen). Die Stadt Bamberg gab ihm ein Ehrengrab.
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Luitpoldstraße 32 - Willy Aron
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Jude, NS-Gegner, Sozialdemokrat, Verbindungsstudent und „erstes NS-Opfer“ Bambergs
Schon im Alter von 14 Jahren schloss sich Willy Aron der Bamberger Sozialen Arbeiterpartei an. Nach seinem erfolgreich abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaften trat Aron 1931 in Bamberg die Stelle eines Gerichtsreferendars an. Durch den immer weiter zunehmenden Antisemitismus und die Auseinandersetzungen zwischen der sozialen Arbeiterpartei und dem aufkommenden Nationalsozialismus übernahm er die Verteidigung zahlreicher Sozialdemokraten.
Der berühmteste Fall dürfte wohl die „Schlacht am Schillerplatz“ gewesen sein, eine Massenschlägerei, die am 31. Juli 1932 von Nationalsozialisten initiiert worden war. Wilhelm Aron erreichte es, dass die SPD-Anhänger nur mit Freiheitsstrafen von einigen Jahren davonkamen, was in dieser Zeit schon ein großer Erfolg war. Als in Bamberg eine Kampforganisation des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold gegründet wurde, schloss er sich als aktiver und einer der fanatischsten Kämpfer der Gruppe an. Schnell stieg er in die Leitungsebene des Bamberger Reichsbanners auf. Diese Mitgliedschaft soll auch einer der Gründe für die Verhaftung bereits am 10. März 1933 gewesen sein, die von den Nazis als „Schutzhaft“ dargestellt wurde. Die zahlreichen Verhaftungen bewirkten in Bamberg einen derartigen Umschwung, dass die Nationalsozialisten den Stadtrat auflösten, um dadurch ihre Herrschaft und die Durchsetzung ihrer politischen Ziele zu sichern.
Die Häftlinge aus Bamberg und Nürnberg am 15. Mai 1933 in das Konzentrationslager Dachau deportiert. Gleich bei seiner Einlieferung wurde Willy Aron von den Aufsehern brutal misshandelt, so dass sein Gesäß zertrümmert und blutig geschlagen wurde. Bewusstlos wurde er ins Krankenrevier des Lagers gebracht.
Trotz seines kritischen Zustandes wurde Willy Aron in den folgenden Tagen regelmäßig erneut brutal geschlagen. Nach vier Tagen starb er an den Folgen dieser Misshandlungen. Um die Folterspuren zu beseitigen, wurde Arons Leichnam mit Benzin übergossen und angezündet. Der verschlossene Sarg wurde anschließend zu dessen Eltern nach Bamberg überführt und dort auf dem israelitischen Friedhof beigesetzt. Als angebliche Todesursache wurde eine Herzschwäche angegeben.
Die Täter wurden 1948 ermittelt, wobei nur zwei zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt werden konnten, da die übrigen Täter im Krieg gefallen waren. Keiner der beiden musste diese aber vollständig absitzen. Sie waren sich keiner Schuld bewusst waren und zeigten keinerlei Reue.
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Luitpoldstraße 47 - Hugo und Max Roßheimer
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Hugo Roßheimer und Max Roßheimer waren Mitinhaber der seit 1895 bestehenden Bamberger Wäschefabrik »Sichel & Kaufmann«. Die Firma wurde 1938 arisiert, d.h. sie ging in den Besitz eines Ariers über und hieß dann „Herrenwäschefabrik Walter Kohlhaas“.
Hugo und Rosa Roßheimer wurden am 25. April 1942 aus Bamberg nach Izbica (Distrikt Lublin) deportiert. Das weitere Schicksal und die Umstände ihrer Ermordung sind nicht bekannt.
Max und Emma Roßheimer wurden ein halbes Jahr später, am 9. September 1942, aus Bamberg nach Theresienstadt deportiert. Dort kam Max am 11. März 1943, Emma am 8. April 1944 ums Leben.
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Luitpoldstraße 48 - Rosa, Irma und Sally Walter
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Rosa Walter, die am 20. Mai 1856 geboren wurde, heiratete 1909 den vier Jahre älteren Heinrich Walter. 1926 erlag Heinrich seinen Kriegsverletzungen aus dem Ersten Weltkrieg. Er hinterließ neben seiner Frau aber auch 2 Kinder. Die 1910 geborene Irma Walter und den 5 Jahre jüngeren Alfred. Rosa Walter war seitdem auf sich alleine gestellt. Um die Versorgung der Kinder sicher zustellen, führte sie das von ihrem Mann gegründete Maschinengeschäft unter dem Namen „ Heinrich Walters Witwe“ weiter. Allerdings unterlag das Geschäft 1938 dem von den Nationalsozialisten angeordneten Zwangsverkauf.
Doch nicht nur der Laden, sondern auch ihr Leben fiel den Nationalsozialisten zum Opfer. Am 27. November 1941 wurde sie nach Riga deportiert. Genaueres zu ihrer Ermordung ist nicht bekannt. Dasselbe Schicksal ereilte wenige Monate später auch ihre Tochter Irma.
Irma übte bis zum Verbot im Jahre 1938 den Beruf der Schneiderin aus. Nach dem Verbot war sie Handarbeitslehrerin in der jüdischen Privatschule. Eine Sondergenehmigung ermöglichte es ihr jedoch ab 1941 noch für jüdische Kundschaft zu schneidern. Neben ihrem Beruf hatte sie sich auch alleine um die Erziehung ihres zu diesem Zeitpunkt einjährigen unehelichen Sohnes Sally zu kümmern.
Die Nationalsozialisten machten selbst vor Kindern nicht Halt. So wurde Sally Walter im Alter von 2 Jahren mit seiner Mutter Irma Walter nach Izbica deportiert. Das weitere Schicksal der beiden ist nicht näher bekannt. Sally ist somit das jüngste (bekannte) Deportationsopfer aus Bamberg. Als einziger aus der Familie Walter entkam den gewaltsamen Tod Irmas Bruder, der sich in die USA flüchtete.
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Luitpoldstraße 48 - Ignaz Kohn
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Ignaz Kohn wurde am 9. April 1886 in Burgkunstadt geboren. Von Beruf war er Kanonier und seit 1912 mit Rosa Dorn verheiratet. Zusammen hatten sie einen Sohn, Josef Kohn, der am 8. September 1913 Bamberg geboren wurde.
In der Folge des Novemberpogroms war Ignaz Kohn von November bis Dezember 1938 in Dachau inhaftiert. Ignaz und Rosa Kohn wurden im November 1941 aus Bamberg nach Riga deportiert. Ihr letzter bekannter Aufenthaltsort war ab Dezember 1941 das Lager Riga-Jungfernhof. Das weitere Schicksal und die Umstände ihrer Ermordung sind nicht bekannt.
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Schützenstraße 20 - Claus Schenk Graf von Stauffenberg
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Claus Schenk Graf von Stauffenberg wurde am 15. November 1907 in Jettingen, Königreich Bayern, geboren. Er war ein Offizier der deutschen Wehrmacht und während des Zweiten Weltkrieges eine der zentralen Figuren des militärischen Widerstandes gegen den Nationalsozialismus in Deutschland. Stauffenberg war an der militärischen Ausbildung der Mitglieder der Sturmabteilung (SA) beteiligt und organisierte die Übergabe von Waffendepots an die Reichswehr.
Stauffenberg fühlte sich zunächst durch seinen Treueid an Hitler gebunden, doch dann war er gemeinsam mit seinem Bruder Berthold und mit Mitgliedern des Kreisauer Kreises an den Entwürfen zu Regierungserklärungen für die Zeit nach dem Umsturz beteiligt. Die Verschwörer legten ihre Ziele auf die Beendigung des Krieges und der Judenverfolgung und auf die Wiederherstellung des Rechtsstaats fest, wie er bis 1933 bestanden hatte.
Stauffenberg flog am 20. Juli zur Wolfsschanze, Hitlers Hauptquartier bei Rastenburg in Ostpreußen, um ein geplantes Attentat auf Hitler durchzuführen. Da die Besprechung wegen eines geplanten Besuchs von Benito Mussolini unerwartet um eine halbe Stunde vorverlegt wurde, gelang es ihm nur noch, einen von zwei Sprengsätzen scharfzumachen. Dazu kam, dass die Besprechung wegen Fertigstellungsarbeiten nicht wie üblich im Führerbunker, sondern in einer leichter gebauten Baracke stattfand, und die Sprengladung nicht die erhoffte Wirkung entfaltete. Stauffenberg stellte sie etwa zwei Meter entfernt neben einem massiven Tischblock ab und verließ unter dem Vorwand, noch einmal telefonieren zu müssen, den Raum. Die Sprengladung detonierte um 12:42 Uhr in der mit 24 Personen gefüllten Lagerbaracke. Aber Hitler und weitere 19 Anwesende überlebten die Detonation.
Stauffenberg und Haeften konnten in dem Tumult nach dem Anschlag die Wolfsschanze rechtzeitig verlassen, warfen die verbleibende Sprengladung auf der Fahrt zum Flugplatz aus dem offenen Wagen und flogen nach Berlin zurück, im festen Glauben, Hitler sei tot.
Hitler überlebte das Attentat, Stauffenberg und seine Mittäter wurden verhaftet und noch am Abend des gleichen Tages in Berlin erschossen.
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Willy-Lessing-Straße 8 - Willy Lessing
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„Außerdem dachte mein Vater, ihm könne nichts passieren, da die Familie seit über hundert Jahren ansässig sei“, so beschreibt Fred Lessing die Haltung seines Vaters im Jahr 1933. Doch auch Willy Lessings Leben hat durch den Nationalsozialismus eine schlimme Wendung genommen. Vor der NS-Zeit war der am 19. Januar 1881 in Bamberg geborene Wilhelm Heinrich Lessing, der sogar aktiv am Ersten Weltkrieg teilgenommen hatte, ein angesehener, wirtschaftlich erfolgreicher Geschäftsmann und Kommerzienrat.
An seinem Erfolg ließ er durch zahlreiche Spenden auch andere Anteilhaben und war damit ein bedeutender wie auch populärer Wohltäter Bambergs. Privat hatte Willy Lessing zudem schon eine kleine Familie gegründet: Nach der Hochzeit mit seiner Frau Paula im Jahre 1909 kam dann 1915 sein Sohn Friedrich zur Welt.
Mit der Machtübernahme Hitlers änderte sich Lessings Lebenswirklichkeit jedoch drastisch. Als Jude wurde er gesellschaftlich zunehmend ausgegrenzt, sogar aus Vereinen ausgeschlossen, für die er stets ein großzügiger Sponsor war. Willy Lessing übernahm dennoch 1938 den Vorsitz der Repräsentantenversammlung der Israelitischen Kultusgemeinde Bamberg.
Das Jahr 1938 stellt allerdings gleichzeitig einen dramatischen Wendepunkt in Lessings Leben dar: Er wird Opfer der Reichspogromnacht. In der Nacht des 9. Novembers erfährt Willy Lessing vom Brand der Synagoge. Sogleich eilt er dorthin und muss erkennen, dass die Nazis dabei sind, das ehrwürdige Gebäude zu zerstören. Lessing lässt sich jedoch nicht abschrecken. Er versucht vermutlich, wenigstens die heiligen Thorarollen zu retten, wird aber von den Nazis aufgegriffen, beleidigt und grausam misshandelt. Mehrere Männer schlagen auf ihn ein. Schwer verletzt schafft er es gerade noch, sich nach Hause zu schleppen.
Letztlich konnte Willy Lessing zwar ins Krankenhaus gebracht werden, erlag dort aber am 17. Januar 1939 den Folgen der Misshandlung. Dazu schrieb rückblickend Thomas Dehler, ein guter Freund Lessings: „Willy Lessing starb, weil er seine Heimat zu sehr liebte: ein Weltmann mit weltweiten Beziehungen…- er blieb allen Drohungen und Warnungen zum Trotz in Bamberg; er konnte sich nicht vorstellen, dass ihm die Bamberger, die ihm und seiner Familie so unendlich vieles verdankten, jemals den Schutz verweigern könnten. Und sie haben ihn dennoch totgeschlagen.“
Die Sophienstraße wurde 1946 in Willy-Lessing-Straße umbenannt.
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KZ Riga-Jungfernhof
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Das Lager bestand vom 3. Dezember 1941 bis März 1942 und diente zur vorübergehenden Unterbringung von Juden aus Deutschland und Österreich, deren Transportzüge ursprünglich Minsk zum Ziel hatten. Es wird teilweise auch Vernichtungsstätte oder Vernichtungslager Jungfernhof genannt.
Das ehemalige Staatsgut von 200 Hektar Größe war bebaut mit einem Gutshaus, drei großen Scheunen, fünf kleinen Baracken und verschiedenen Viehställen. Die teils baufälligen und meist unbeheizbaren Gebäude waren für die Aufnahme mehrerer tausend Menschen ungeeignet. Es gab keine Wachtürme oder durchgehende Umzäunung, sondern eine mobile Postenkette von zehn bis fünfzehn lettischen Hilfspolizisten.